Kleine Vorschrift, grosse Wirkung – Einfluss der MuKEn auf den Heizungsersatz

Die MuKEn besitzen eine sehr grosse Hebelwirkung auf den Heizungsersatz. Olivier Brenner, stv. Generalsekretär der Energiedirektorenkonferenz (EnDK), spricht mit uns über die Gründe und die anstehende Weiterentwicklung der MuKEn.

Herr Brenner, seit den MuKEn 2014 ist kein 1:1-Ersatz von fossilen Wärmeerzeugern mehr möglich. 17 Kantone haben diese Vorgabe inzwischen umgesetzt. Welche Wirkung entfalten die strengeren Vorgaben in der Praxis?

«Die neue Anforderung ist ein sehr starker Hebel für erneuerbare Energien. Die grosse Wirkung hat uns selber erstaunt. Obwohl fossile Wärmeerzeuger weiterhin erlaubt sind, wenn man sie zum Beispiel mit Solarthermie kombiniert, entscheiden sich acht von zehn Bauherrschaften für ein Heizsystem mit 100 Prozent erneuerbaren Energieträgern. Das heisst, es werden viel mehr Wärmepumpen eingebaut als fossile Heizsysteme.»

 

Welche Gründe sehen Sie dafür?

«25 Kantone fördern den Heizungsersatz, und verschiedene Kantone zahlen Beiträge von bis zu 10 000 Franken, einige noch mehr. Die Amortisation der Investitionskosten für die neue Heizung wird so schneller erreicht. Die Betriebskosten liegen bei erneuerbaren Wärmeerzeugern ohnehin tiefer als bei Öl- oder Gasheizungen. Dazu kommen weitere absehbare Verteuerungen der fossilen Heizsysteme, etwa durch die moderate Anhebung der CO2-Abgabe im Jahr 2022. Aus ökonomischer Sicht spricht somit alles für ein erneuerbares Heizsystem.»

 

Die kantonalen Förderbeiträge sind sehr unterschiedlich. Werden in Kantonen mit tiefen Beiträgen weniger erneuerbare Heizsysteme verbaut?

«Wesentlicher ist, dass der 1:1-Ersatz nicht mehr generell möglich ist. Die Förderung unterstützt die Gebäudebesitzer bei der Systemwahl. Die erwähnten Gründe führen dazu, dass in Kantonen mit Gesetz und Förderprogramm bei rund 80 Prozent der Objekte eine Heizung mit erneuerbarem Energieträger gewählt wird. Innerhalb der letzten vier Jahre haben sich die zugesicherten Förderbeiträge für Haustechnikmassnahmen von 26 auf 111 Millionen Franken erhöht und damit mehr als vervierfacht. Allein von 2019 auf 2020 haben sie sich etwa verdoppelt.»

 

Per 2025 soll bereits die nächste MuKEn-Revision umgesetzt werden. Welche Themen liegen hier auf dem Tisch?

«Es sind drei wichtige Punkte. Erstens soll eine moderate Verschärfung der Anforderungen den Abschied von den fossilen Energieträgern weiter beschleunigen. Zweitens soll der Gebäudepark, insbesondere im Bestand, effizienter werden. Hier stehen vor allem die schlechtesten Gebäude-Energieeffizienzklassen F und G im Fokus. Drittens werden wir mehr Strom brauchen, weil wir aus der Atomenergie aussteigen und unzählige Wärmeerzeuger von fossiler auf elektrische Energie umgestellt werden. Deshalb könnte die Anforderung an die Eigenstromerzeugung, die bisher für Neubauten gilt, auf den Bestand ausgeweitet werden.»

 

Wie viele Forderungen verträgt es bei den neuen MuKEn?

«Es ist eine heikle Balance. Wenn es infolge einer Energiegesetzrevision neue Forderungen gibt, muss man diese sozial abfedern. Der Staat kann aus meiner Sicht nicht nur fordern, er muss auch fördern. Sonst fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger im Stich gelassen. Ich bin jedoch optimistisch, dass uns dies weiterhin gelingt. Das ist ja das Schöne an unserem Föderalismus: Wir haben 26 Kantone und damit viele Gelegenheiten, um zu sehen, was wie und vor allem wie gut funktioniert. Von diesen Erkenntnissen profitieren dann wiederum alle.»

Bei den MuKEn handelt es sich um das von den Kantonen, gestützt auf ihre Vollzugserfahrung, gemeinsam erarbeitete Gesamtpaket energierechtlicher Mustervorschriften im Gebäudebereich. Sie bilden den gemeinsamen Nenner der Kantone. Ihr Ziel ist ein hohes Mass an Harmonisierung im Bereich der kantonalen Energievorschriften, um die Bauplanung und die Bewilligungsverfahren für Bauherren und Fachleute, die in mehreren Kantonen tätig sind, zu vereinfachen. Die Verwendung von gemeinsam erarbeiteten Formularen und Vollzugshilfen unterstützt die Harmonisierung zusätzlich.